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by Peter Hoefl

Bunte Obstkörbe machen keine perfekte Unternehmenskultur

Die Einsicht, dass es einer positiven Unternehmenskultur bedarf um Mitarbeiter zu halten und als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben, ist zumindest theoretisch in vielen Betrieben angekommen. Der Münchner Unternehmensberater und europäische Ethnologe Peter Höfl versucht die Gründe herauszufinden, wenn es mit der Umsetzung mal nicht so klappt.

Dass hohe Krankheitsquoten und Fluktuationsraten Unternehmen teuer zu stehen kommen, das ist traurige Realität. Personalverantwortliche stehen nicht selten vor der schweißtreibenden Aufgabe auf teilweise knappen Arbeitsmärkten frisches Personal teuer zu beschaffen. Das führt dann schon mal zu heftigem Aktionismus, meint Höfl. In so einem Klima gedeihen dann viele Obstkörbe, Firmenevents, Leitbilder, Firmenhymnen, bunte Workspaces und allerlei andere Maßnahmen zur Stärkung von Identifikation und Zusammengehörigkeitsgefühl.

Was aber tun, wenn all die gut gemeinten Aktivitäten nicht greifen? Wenn die MitarbeiterInnen trotzdem bei nächster Gelegenheit das Weite suchen und die Gesundheit der Belegschaft trotz aller Vitamine und Fitnessprogramme nicht besser werden will?

Dann gilt es die wahren Ursachen zu finden um wirksam an der Situation zu arbeiten. Der Kulturwissenschaftler Höfl vertritt die Ansicht, dass dies ohne neutrale externe Hilfe oft kaum möglich ist: „Machen wir uns nichts vor: In vielen Betrieben, Bereichen, Abteilungen dominiert eine ganz andere Kultur, eine Angstkultur!“ Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fürchten Nachteile, wenn sie sich gegenüber Vorgesetzten öffnen und selbst die Schwelle zur Arbeitnehmervertretung, sofern vorhanden, ist manchmal zu hoch. Die Hemmnisse können von einzelnen Personen ausgehen oder vielleicht auch unbeabsichtigt im System angelegt sein. Spätestens wenn Diskriminierungen, Rassismus, Sexismus, Mobbing im Spiel sind, wird es mit internen betrieblichen Mitteln schwierig bis unmöglich, den Dingen auf den Grund zu gehen.

Die Aufgabe eines Kulturberaters, wie sich Höfl bezeichnet, liegt darin, geschützte Räume zu schaffen, in denen die sich die Betroffenen auch anonym äußern können. Umgesetzt wird das mit möglichst niedrigschwelligen Angeboten, bei denen die Kosten für die beauftragenden Unternehmen und Organisation überschaubar sind. Ein Beispiel dafür ist der „ausgelagerte Kummerkasten“ an den sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter per Post oder Email wenden können. Ein weiteres Instrument ist die Einrichtung von Sprechstunden, die als Telefonsprechstunden oder außerhalb des Betriebes und der normalen Arbeitszeit angeboten werden. Das schützt die Ratsuchenden vor Neugier und den Spekulationen von Kollegen und Führungskräften.

Diskretion und Vertraulichkeit sind immer oberstes Gebot, betont Höfl, der sich in einer Rolle als Mittler sieht. Ihm geht es darum, die Situationen aus den verschiedenen Perspektiven zu verstehen und zu interpretieren. Dabei hilft ihm das Zusammenspiel seiner langjährigen Berufserfahrung, die ihn in leitende Positionen führte, mit der Expertise als Berater in der Servicequalität und dem kulturwissenschaftlichen Studium, das nun das alles abrundet und zum Gesamtpaket schnürt. Wenn es gelungen ist, die Probleme klar zu benennen, fällt der nächste Schritt, das Erarbeiten von Lösungen, deutlich leichter und das wird durch rückläufigen Krankenstand und geringere Fluktuation bezifferbar.

 © 2017-2019, Autor und alle Rechte bei Peter Höfl

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